Quantennetze
Verschränkungen in Quantennetzen
Übertragung von Verschränkungen (Entanglement Swapping)
Das große Problem bei der Erzeugung verschränkter Paare über einen Link ist der mit wachsender Entfernung der Knoten zunehmende „Zustandszerfall“; wegen des No-Cloning-Theorems ist es außerdem nicht möglich das Signal zwischendurch zu verstärken. Es ist also nicht direkt möglich verschränkte Paare (auch Bell-Paare) über beliebig große Entfernungen hinweg stabil zu verteilen.
Um dies zu dennoch zu ermöglichen wurde das Entanglement Swapping entwickelt, also die Übertragung und Aneinanderreihung von Verschränkungen.
Ein Bell-Paar zwischen zwei Endknoten des Quantennetzes, also eine Quanten-E2E-Verbindung, kann durch eine fortlaufende kombinierte Erzeugung (Aneinanderreihung) von Bellpaaren entlang der Linkabschnitte (mit Zwischenknoten) erstellt werden. Jeder Zwischenknoten entlang des Weges kann die beiden benachbarten QuBit-Paare (rechte/linke Seite) miteinander verknüpfen und damit eine neue Verschränkung zwischen den QuBits auf seinen beiden Nachbarknoten erzeugen.
Dieser Prozess der Übertragung von Verschränkungen läuft folgendermaßen ab: Im oberen Teil der Abbildung teilen ursprünglich die Knoten A und B das (unbekannte) verschränkte QuBit-Paar-(X1,X2) und die Knoten B und C das verschränkte QuBit-Paar-(Y1,Y2). Aber das Ziel ist die Verschränkung eines QuBit-Paares zwischen den Knoten A und C. Zum Erreichen dieses Ziels wird das QuBit-X2 nach Knoten-C teleportiert, wofür das QuBit-Paar-(Y1,Y2) verwendet wird. Dazu macht Knoten-B eine Bell-Messung auf den QuBits X2 und Y1, welche die Verschränkung zwischen dem QuBit-Paar-(Y1,Y2) zerstört. Stattdessen wird QuBit-X2 mit der Bellmessung und den Bits für die Paulikorrektur nach Knoten-C teleportiert und im QuBit-Y2 „wiedererzeugt“, wobei QuBit-X2=Y2 immer noch mit QuBit-X1 verschränkt ist/bleibt. Die QuBits X1 und X2=Y2 sind weiterhin unbekannt. Die Abbildung zeigt im unteren Teil das Ergebnis.
Außerdem müssen noch die beiden Bits des Bellmessprozesses im Knoten B weitertransportiert werden, da sie Informationen über das Bellmessungs-Paar (X2, Y1) enthalten. Quanten-Knoten, die entfernte verschränkte Paare via Entanglement-Swapping erzeugen, werden Quanten-Repeater genannt.
Die Genesis einer Verschränkung
Das Problem der Quantenkonnektivität ist eng mit der Erzeugung (und Verteilung) von Bell-Paaren verbunden. Wie werden also Bell-Paare erzeugt und zu den Endpunkten gebracht? In einem Quanten-Netz wird die Verschränkung lokal erzeugt; anschließend erfolgt die Versetzung eines oder beider verschränkter QuBits im Rahmen von Quanten-Kanälen an ihre Zielorte.
Photonen sind dafür ein guter “Grundstoff”: Sie haben eher geringe Interaktion mit der Umgebung (also eine geringe Tendenz zur Dekohärenz), sie können mit vielen optischen Standardkomponenten bearbeitet werden und die Übertragung erfolgt mit hoher Geschwindigkeit (Lichtgeschwindigkeit) und wenig Verlusten. Allerdings können Photonen nicht gespeichert werden; ihr fliegender QuBit-Zustand (Flying-QuBit) muss daher für die weitere Bearbeitung mittels Transducers in ein Materie-QuBit (z.B. einen Elektronenspin oder einen Atomzustand) übertragen werden.
Dieser Übertragungsprozeß ist nicht fehlerfrei und es muss eine klare Unterscheidung des Endzustandes zwischen erfolgreich und erfolglos möglich sein. Verschränkungs-Produktionen, die zwischen erfolgreich und erfolglos unterscheiden können heißen „Heralded Entanglement Generation Schemes“.
Es gibt drei Grundschemata für die Erzeugung von Heralded-Verschränkungen zwischen zwei Quanten-Knoten:
- Mittelpunkts-Schema: Die Quelle des verschränkten QuBit-Paares-(X1,X2) sendet ein verschränktes Photonenpaar über Qu-Kanäle zu den beiden Zielknoten A und B. Dort übertragen Transducers die Verschränkung vom Photon-QuBit-Paar-(X1,X2) (Flying-QuBits) jeweils in ein Materie-QuBit-(Y1,Y2). Die Transducers haben Kenntnis über den Erfolg/Mißerfolg des Vorgangs und können diesen über klassische Datenkanäle zurückmelden.
- Quell-Schema: Ein Quell-Knoten-A sendet ein Flying-QuBit-X1, welches mit einem lokalen Materie-QuBit-Y1 verschränkt ist, zum Zielknoten-B. Dort überträgt ein Transducer die Verschränkung auf ein Materie-QuBit-Y2 und kann wiederum den Erfolg/Mißerfolg zurückmelden.
- Doppel-Ende-Schema: Zwei Quell-Knoten A und B versenden Flying-QuBits-(X1,X2), die jeweils lokal mit Materie-QuBits-(Y1,Y2) verschränkt sind. Die Flying-QuBits-(X1,X2) sind erst einmal noch nicht miteinander verschränkt. Ein Detektor irgendwo zwischen den beiden Quell-Knoten A und B macht eine gemeinsame Bell-Messung auf beide Flying-QuBits-(X1,X2), was diese und damit auch die entfernten Materie-Qubits-(Y1,Y2) in den beiden Quell-Orten A und B in einen gemeinsamen verschränkten Zustand überführt (stets nur mit einer Wahrscheinlichkeit <1). In diesem Schema „weiß“ der Detektor vom Erfolg/Mißerfolg und schickt eine entsprechende Nachricht über klassische Kanäle zurück an die Quell-Orte A und B.
Das Mittelpunkts-Schema ist bisher robuster gegenüber Photonen-Verlust; in den beiden anderen Schemata haben die Knoten dafür mehr Kontrolle über die verschränkte Paar-Erzeugung. Das bietet viel Platz für unterschiedliche technologische Entwicklungen.
Dr. Peter Kaufmann (DFN)
Stand: 06.12.2021